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Cover der Dystopie "Dry" von Neal und Jarrod Shusterman

Und plötzlich gibt es kein Wasser mehr …

Heute geht es in der #klimawoche2025 um das wichtige Thema Wasser. Dazu habe ich ein Buch von einem meiner Lieblingsautoren ausgewählt: „Dry”, das Neal Shusterman zusammen mit seinem Sohn Jarrod geschrieben hat. „Dry” ist eine beklemmend realistische Dystopie über die Folgen extremer Wasserknappheit und des Klimawandels, die mir noch lange nach der Lektüre im Gedächtnis geblieben ist. Sie ist sehr spannend und äußerst lebendig erzählt. Der Roman ist 2019 im Fischer-Sauerländer Verlag erschienen.

Inhaltsverzeichnis

Worum geht es?

Die Handlung spielt in Südkalifornien und beginnt mit einer scheinbar harmlosen Nachricht über ein sogenanntes „Tap-Out”, das vollständige Versiegen der Wasserversorgung in der Region.

Der Wasserhahn in der Küche gibt sehr bizarre Geräusche von sich.
Er keucht und hustet, als hätte er einen Asthmaanfall. Er gurgelt wie ein Ertrinkender, spuckt einmal und verstummt dann ganz. Unser Hund Kingston stellt die Ohren auf, hält jedoch weiter Abstand zum Spülbecken, als ob der Hahn unerwartet wieder zum Leben erwachen könnte, aber so viel Glück haben wir nicht.
Mom hält mit fragendem Blick die Wasserschale unter den Hahn. Dann dreht sie ihn wieder zu und sagt: „Alyssa, hol deinen Vater.”

(S. 9)

Was zunächst wie ein lokales Problem aussieht, entwickelt sich schnell zu einer Katastrophe, denn die Wasserversorgung bricht komplett zusammen. Und plötzlich müssen Alyssa, ihr jüngerer Bruder Garrett und der Nachbarsjunge Kelton ums Überleben kämpfen. Nicht nur einmal stehen sie vor der Frage: Wie weit können und wollen sie gehen, um sich und ihre Familie zu schützen?

Da die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven erzählt wird, erleben wir unterschiedliche gesellschaftliche Reaktionen – von Solidarität bis hin zu egoistischem Überlebenskampf, was mir sehr gut gefallen hat.

Das Besondere an diesem Buch

Realistische Konflikte

Wassermangel und Ressourcenmanagement

Eine der größten Stärken von „Dry” ist meiner Meinung nach der Rückgriff auf reale Probleme und deren Verarbeitung zu einem erschreckend glaubwürdigen Szenario. Kalifornien hatte in den letzten Jahrzehnten immer wieder mit schweren Dürreperioden zu kämpfen, was dem Roman eine besondere Aktualität verleiht. Aber auch in vielen anderen Regionen wird das Problem extremer Wasserknappheit im Zuge des Klimawandels immer drängender.

Die beiden Shustermans zeigen, wie abhängig moderne Gesellschaften von einer stabilen Wasserversorgung sind. Sobald diese Infrastruktur zusammenbricht, geraten nicht nur Einzelpersonen in Gefahr, auch soziale Strukturen beginnen zu zerfallen. Es geht um Konflikte wie Wasserrechte, Preiswucher und den Schwarzmarkthandel mit Wasserflaschen. Besonders eindringlich ist die Szene im Buch, in der Supermärkte geplündert werden und Menschen verzweifelt nach alternativen Wasserquellen suchen – ein erschreckend realistisches Bild von Chaos und Verzweiflung.

Klimawandel als Ursache

Schon seit Jahrzehnten warnen Wissenschaftler:innen vor steigenden Temperaturen und veränderten Niederschlagsmustern, die in Regionen wie Kalifornien zu lang anhaltenden Dürreperioden führen. Damit unterstreichen die Autoren nicht nur die Dringlichkeit des Klimaschutzes, sondern auch die Notwendigkeit eines nachhaltigen Umgangs mit natürlichen Ressourcen.

Gesellschaftliche Dynamiken in Krisensituationen

„Dry” beleuchtet auch psychologische und soziologische Aspekte: Wie verhalten sich Menschen in Extremsituationen? Wie verändern sich moralische Werte in lebensbedrohlichen Situationen?
Der Roman zeigt, wie schnell soziale Normen zerfallen können, wenn es ums nackte Überleben geht. Immer wieder stehen Alyssa und ihre Freund:innen vor moralischen Dilemmata: Ist es gerechtfertigt, anderen Wasser zu verweigern, um selbst zu überleben? Soll man Fremden helfen oder sich nur auf die eigene Familie konzentrieren?

Besonders beeindruckend fand ich in diesem Zusammenhang die Entwicklung von Kelton, dessen Familie sich als so genannte „Prepper” auf genau solche Katastrophen vorbereitet hat. Doch auch ihre Vorräte reichen nicht aus, um sie vor den moralischen Konflikten zu bewahren, die die Krise mit sich bringt.

Schreibstil und Atmosphäre

Das Autorenduo schreibt flüssig und spannend. Von der ersten Seite an spürt man die drückende Hitze und die zunehmende Verzweiflung der Figuren. Zwischendrin werden vereinzelt „Snapshots” eingestreut, kurze Szenen aus dem Leben anderer Menschen.

Wem empfehle ich dieses Buch?

„Dry” ist ein spannender Roman, der durch seine realistische Darstellung eines Ausnahmezustandes ohne Wasser besticht. Neal und Jarrod Shusterman stellen wichtige gesellschaftliche Fragen: Was würde passieren, wenn es kein Wasser mehr gäbe? Wie würden wir reagieren? Und welche Verantwortung tragen wir heute, um solche Szenarien in Zukunft zu verhindern?
Allen Fans von dystopischen Geschichten sowie für Leser:innen mit Interesse an Umwelt- und Gesellschaftsthemen kann ich „Dry” nur empfehlen – spannend erzählt und beunruhigend aktuell.

(Heinke Ubben, 18.2.2025)

Rezensiert wurde:
Neal und Jarrod Shusterman
Dry
Übersetzung: Pauline Kurbasik, Kristian Lutze
Fischer Sauerländer: Frankfurt a.M. 2019.
ISBN: 978-3-7373-5638-1

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