[Rezension]
Sabine Bohlmann ist bekannt für ihre fantasie- und humorvollen Kinderbücher. Ich liebe „Frau Honig”, eine moderne Mary Poppins, aber heute möchte ich euch „Willkommen bei den Grauses” vorstellen, ein witziges Kinderbuch mit Tiefgang.
Die Geschichte beginnt geheimnisvoll:
Familie Grause zieht in das schiefe Haus Nummer 13. Die Nachbarstochter Ottilie begegnet den „Neuen” mit Neugier und Skepsis, denn die Grauses sind alles andere als gewöhnlich. Sie sprechen seltsam, haben merkwürdige Vorlieben und verhalten sich einfach … anders.
Inhaltsverzeichnis
Worum geht es?
Der nächtliche Einzug der Grauses, den Ottilie vom Fenster aus verfolgt, weckt Ottilies Neugier.
Nacheinander verschwanden die Gestalten im Haus, doch eine der kleineren blieb plötzlich stehen und sah zu Ottilie hinauf. Kurz hatte sie den Eindruck, als würden unter der Kapuze zwei dunkelgelbe Augen aufleuchten. Aber welcher Mensch hatte schon dunkelgelbe Augen?
Ottilie hielt die Luft an, auf einmal hob die kleinere Gestalt die Hand und winkte. Und was blieb ihr anderes übrig? Ottilie winkte zurück. Dann waren alle im Haus verschwunden, als wäre nichts gewesen. Nur das Auto stand noch vor der Tür.(S. 8)
Jetzt will Ottilie die neuen Nachbarn natürlich unbedingt kennen lernen. Aber kaum hat sie deren Haus betreten, rennt sie schreiend davon. Kein Wunder, denn da gibt es ein Werwölfchen, einen Dilldapp-Jungen mit kleinen Hörnern, eine unsichtbare Geisterschwester, eine Flaschengeist-Mutter, einen Felfe-Vater (halb Fee, halb Elf), einen grantigen Schrat-Opa und einen Wischmopp-Hund.
Doch Ottilie beweist Mut und freundet sich mit den Kindern der Grauses an. Die skurrilen Eigenheiten der Grauses, ihre Sprache (mit rückwärts geschriebenen Wörtern – sehr witzig!) und ihre seltsamen Vorlieben werden von Sabine Bohlmann in vielen lustigen Szenen präsentiert.
Ursprünglich stammen die Grauses aus einer Welt für andersartige Wesen. Aber nun müssen sie sich in der normalen Menschenwelt behaupten. Und damit ihr Anderssein nicht auffällt, müssen sie sich an strenge Regeln halten. Bei Regelverstößen drohen „dunkelgraue Punkte” auf einer Liste – und wenn sie zu viele sammeln, müssen sie in die Verbannung.
Ob am Ende wohl alle bleiben dürfen?
Das Besondere an diesem Kinderroman
Die wichtige Frage: Wer ist schon normal?
Dieses Kinderbuch auf eine lustige Geschichte zu reduzieren, greift zu kurz. Natürlich sind die Grauses schrullig und ein bisschen gruselig, aber vor allem zeigen sie: Jeder ist auf seine Weise besonders – und das ist ganz normal.
Sabine Bohlmann gelingt es, dieses Anderssein mit viel Witz und Wärme zu erzählen und ihre Botschaften ganz ohne erhobenen Zeigefinger zu vermitteln. Die Grauses laden Ottilie (und die Leser:innen) dazu ein, die eigenen Vorstellungen von Normalität zu hinterfragen.
Humorvolle Sprache und liebenswerte Charaktere
Die Sprache ist bildhaft, leicht verständlich und voller Wortwitz. Sabine Bohlmanns Ausdrucksweise ist kindgerecht und lebendig. Und ihre vielen Sprachspiele sind einfach genial.
Mit der gleichen humorvollen Leichtigkeit entwirft sie ihre schrägen Figuren, die man trotz (oder gerade wegen) ihrer Andersartigkeit ins Herz schließt.
Gelungene Illustrationen
Die Illustrationen von Daniel Steudtner ergänzen die Geschichte perfekt. Seine liebevollen Zeichnungen fangen die schrägen Eigenheiten der Grauses wunderbar ein.
Wem empfehle ich das Buch?
„Willkommen bei den Grauses” ist ein humorvoller Kinderroman, der nicht nur Kinder ab 9 Jahren, sondern auch (vor)lesende Erwachsene begeistern wird. Wer ungewöhnliche Familiengeschichten mit Herz sucht, wird die Grauses lieben!
Zum Selberlesen ab 8 oder 9 Jahren; zum Vorlesen auch für jüngere Kinder.
Und für alle, die mehr von den Grauses lesen wollen: Band 2 ist gerade erschienen.
(Heinke Ubben, 20.5.2025)
Rezensiert wurde:
Willkommen bei den Grauses. Wer ist schon normal?
Sabine Bohlmann
Illustration: Daniel Steudtner
Planet!
Stuttgart 2024
ISBN: 978-3-522-50828-5
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