[Rezension]
2017 ist Sara Pennypackers berührendes Kinderbuch „Mein Freund Pax” erschienen, das schon jetzt Klassiker-Status besitzt. Abwechselnd wird darin aus der Sicht eines Jungen und eines Fuchses erzählt. Die beiden waren Freunde, mussten sich aber trennen und suchen einander nun. Dieser vielschichtige Roman ist sehr bewegend und besticht durch seine poetische und bildmächtige Sprache.
Auf einmal hörte er (= der Fuchs) hinter sich, wie erst eine Tür zuschlug und dann noch eine. Ohne auf die Dornen zu achten, die an seinem Fell rissen, stürmte der Fuchs los, doch als er hörte, wie der Motor laut auf heulte, kam er schlitternd am Straßenrand zum Stehen.
Sein Junge rollte das Fenster hinunter und streckte beide Arme nach dem Fuchs aus. Der Wagen raste davon, Schottersteinchen flogen seitlich auf, der Vater brüllte den Namen des Jungen – Peter! – und der Junge brüllte den einzigen anderen Namen, den der Fuchs kannte. „Pax!”(S. 15)
Mit dieser Szene endet das erste Kapitel.
Erst nach und nach erfahren wir aus der Sicht des 12-jährigen Peter und aus der Perspektive des Fuchses, was geschehen ist, während die Geschichte weitergeht.
Kurz nach dem Tod seiner Mutter vor fünf Jahren hatte Peter einen Fuchs-Welpen gefunden, ihn Pax genannt und großgezogen. Die beiden sind unzertrennlich.
Aber jetzt muss der Vater in den Krieg ziehen. Deshalb zwingt er Peter, Pax in der freien Wildbahn auszusetzen. Peter selbst soll beim Großvater leben.
Aber Peter büxt aus und macht sich auf die Suche nach Pax. Pax auszusetzen, war falsch!
Doch es kommt anders, als man erwartet. Diese Geschichte ist nämlich keine Freundschaftsgeschichte, in der die beiden einander instinktiv spüren und sich wiederfinden. Es gibt in diesem Buch keine Helden und auch kein klassisches Happy End.
Peter bricht sich seinen Fuß und findet Unterschlupf bei einer knurrigen Einsiedlerin, einer Veteranin namens Vola. Dort bleibt er, bis sich sein Fuß erholt hat. Nur langsam nähern sich die beiden an.
Pax dagegen, der viele Tage auf Peter wartet, findet in der Füchsin Bristle und deren kleinem Bruder Runt Gefährten, die ihn das Leben in der Wildnis lehren.
Sara Pennypacker findet eine Sprache, durch die wir die Empfindungen und Erlebnisse des Fuchses unmittelbar miterleben. Das ist toll gemacht. Sogar die sprachlose Kommunikation zwischen den Wölfen wirkt authentisch.
Wenn Peter am Ende – nach einer langen Wanderungen auf Krücken – Pax wiederfindet, haben sich beide verändert.
Diese Geschichte steckt voller wichtiger Themen und ist trotz ihrer Komplexität für Kinder gut zu lesen. Das gelingt im Kinder- und Jugendbuch selten.
Der Krieg und seine Bedrohung sind zwar permanent zu spüren, aber Freundschaft, Mitgefühl und Verantwortung für die, die wir lieben, behalten die Oberhand.
Dieser Roman mutet Kindern etwas zu, gibt allerdings auch viel. Deshalb ist er auch für Ältere sehr gut geeignet.
Mit „Mein Freund Pax – Die Heimkehr” ist mittlerweile eine Fortsetzung erschienen, die ich jedoch nicht gelesen habe, weil ich diese Geschichte abgeschlossen fand.
(Heinke Ubben, 21.12.2024)
Vorgestellt wurde:
Mein Freund Pax
Sara Pennypacker
lllustration: Jon Klassen
Übersetzung: Birgitt Kollmann
Fischer: Frankfurt a.M. 2019, 2. Aufl.
ISBN: 978-3-7335-0054-2
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